Es ist Anfang Juli und wir fahren zum zweiten Mal in diesem Jahr der Poebene entlang nach Westen. Ziel der Anreise ist Briancon - der erste Übernachtungspunkt einer erlebnisreichen Mountainbikereise. Knapp zwei Wochen vorher bestritten 81 TeilnehmerInnen die bislang achte MAVIC Trans-Provence. Wir folgen ihnen ...
Neun Stunden Richtung Südwesten
Via Brenner, Mailand und Montgenévre erreichen wir nach insgesamt neun Stunden Briancon. Die Anreise mit Fahrradanhänger erlaubt uns nur Geschwindigkeiten bis zu maximal 100 km/h. Staufrei, mit genügend Pinkelpausen und bei herrlichem Wetter erreichen wir das Ziel. Das erste Abendessen nehmen wir auswärts ein. Im historischen Zentrum der Stadt gibt es eine Reihe netter Restaurants und Bars, die uns den Ankunftsabend angenehm gestalten. Es ist Fußballabend und mit Bierchen und Longdrink mischen wir uns unter die Leute.
Erster Abend im quirligen Briancon.
Am kommenden Morgen nehmen wir das ehest mögliche Frühstück ein und begeben uns anschließend zum Ausgangspunkt der Tour in einem malerischen Hochtal. Die Bienen summen, der Duft von Wildkräutern und Blüten verzaubert die Nase und in Kürze geht es los. Der erste Teilabschnitt besteht aus einer 700 Höhenmeter langen Auffahrt und einer ebenso langen Abfahrt in ein weiteres Tal. Spannend ist die Begegnung mit den Trails der Provence-Alpes. In Höhen von bis zu 2.600 Meter bewegen wir uns an diesem Tag, wobei wir auch den höchsten Punkt der Woche erreichen. Dieser ist nur durch Tragen der Bikes erreichbar und nicht jedem fällt dies leicht. Oben angekommen, wartet die Belohnung: Eine superbe Fahrt nach Barcelonnette mit ausgesprochen charismatischen Abschnitten. Ein Start in alpinem Ambiente, eine lange Querfahrt an der Waldgrenze, eine rauschende und technisch einfache Abfahrt durch lichten Lärchenwald, ein Juwel von einer Hütte mit regionalen Produkten und Espresso nach italienischem Maßstab und zwei weitere Abschnitte - einer steil und technisch, der zweite von der Natur perfekt geformt zum Spielen und Tricksen, mit viel Flow und kompletten Bikegenuss.
Embrun und Lac de Serre-Poncon.
Im Aufstieg zum höchsten Punkt, im Grand Vallon.
Tragen ist hier obligatorisch.
Oben agekommen. Panoramablick über Barcelonnette und Aussicht auf die feinen Singletracks.
Im obersten Abschnitt der über 1.400 Tiefenmeter langen Abfahrt.
Am charakteristischen "Sentier Horizontal" - Name ist Programm.
Ein wunderbarer Platz inmitten schattenspendender Lärchen.
Nicht immer ist der Weg ausgewiesen.
Spektakuläres Finale am Naturtrail mit grauer Erde.
Ankunft in Barcelonnette.
Der zweite Tag bringt weitere Höhepunkte. Nach einer kurzen Auffahrt am Col d'Allos beginnt die erste, etwa 10 km lange erste Abfahrt des Tages. Alle zehn Jahre fallen gefräßige Raupen über die Wälder der Region her und vertilgen bis in den Hochsommer alles erreichbare Grüne. Am Kopf des Feldes sind die seidenartigen Fäden und Netze der Raupen lästig. Doch bereits der Zweite kann dem Staunen über den faszinierenden Trail durch Jubelschrei und breites Grinsen Ausdruck bringen. Weitere Weglein bringen uns entlang der ausgewiesenen Strecke der Trans-Verdon nach Colmars - ein mittelalterliches Bergdorf mit Ringmauer, zwei Festungen und einem herrlichen Wasserfall mit Pool zum Wildbaden.
Erste Auffahrt vom Col d'Allos.
Auch mal ruppig - der untere Abschnitt der langen Abfahrt vom Col d'Allos nach Allos.
Trans-Verdon.
Badeplatz in der Nähe von Colmars.
Am dritten Tag überschreiten wir am Col des Champs die Grenze zum Departament Alpes-Maritimes. Eine große Abfahrt bringt und ins Tal, in welchem der längste, durchgehende Anstieg der Woche beginnt. Dieser ist abwechslungsreich und besonders die ideal geneigte Forststraße im unteren Teil macht es einem leicht, die Höhenmeter zu bewältigen. Über der Waldgrenze dominieren blumenreiche Wiesen und eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Das Panorama und vor allem die schier endlos lange zweite Abfahrt des Tages machen diesen Abschnitt zu einem Höhepunkt der Woche.
Start der ersten Abfahrt am Col des Champs.
Von Blumen und Duft umgeben.
Weit unten endet die erste, herausragende Abfahrt am dritten Tag. Das Wetter ist fabelhaft - die Stimmung ebenso.
Nicht immer führt die Abfahrt wie hier auf perfektem Singletrack bergab. Besonders im Mittelteil dieses Abschnitts ist guter Orientierungssinn gefragt.
Im längsten Anstieg der Woche.
Mal schieben, mal tragen. Dann wieder fahren. Stück für Stück gelangen wir höher. Und langweilig wird's keinem.
Auch ohne Spray offensichtlich. Abseits dieses Weges würde für ein Weiterkommen Kletterei verlangt.
Bereits über der Waldgrenze aber noch lange nicht oben. Blumenreiche Weglein führen entlang der Grenze des Nationalpark Mercantour zum Ziel.
Weite Landschaft mit alpinem Charakter - die Französischen Seealpen in voller Pracht.
Zeit die Schützer über die Knie zu stülpen. Es warter eine der besten Abfahrten der Alpes-Maritimes.
"Mittagspause" um halb Vier. Der Nachmittag wird durch Shuttlefahrten angenehm gestaltet.
Blickt man auf das Streckenprofil des viertan Tages könnt man meinen, dass dieses auch mit dem Downhill-Bike bewältigbar wäre. Denkste! Zwei riesige Abfahrten füllen den Tag und verlangen Kraft, Ausdauer und Konzentration. Rote Erde vormittags und eine teilweise steile, anspruchsvolle Strecke am Nachmittag bringen etliche Tiefenmeter und weitere bleibende Eindrücke. Die Rast am Mittagsplatz ist wohl verdient, ebenso das Feiern des Tages am erreichten Stützpunkt spät abends.
Canyons und rote Erde. Shuttlestrecke am vierten Tag.
Am Beginn einer 1.500 Tiefenmeter langen Abfahrt. Mindestdauer 2,5 Stunden.
Möchte man das Abbild eines perfekten Singletracks in Gips gießen - hier verläuft er.
Gourmetjause und ein Nickerchen zu Mittag helfen die Speicher wieder zu laden.
Roubion ist wohl eines der charmantesten Dörfchen in den Seealpen. Hier verbringen wir ein bisschen unserer Zeit am Vormittag des fünften Tages. Aufgrund der Lage unserer Unterkunft erweitern wir das Programm der an sich bereits langen Strecke um weitere wertvolle Kilometer auf perfekten Wegen. Die Böden werden felsiger, die Hitze nimmt zu. Der erste Blick zum Mittelmeer wird frei. Und mit ihm durchfährt einen Freude und Zufriedenheit. Über 60 Kilometer gilt es zu bewältigen. Besonders die Teilstrecke von Colmiane nach Lantosque liegt uns am Herzen, ist sie doch die einzige, die seit Bestehen des Rennens in ihrem Verlauf nie geändert wurde. Jeder ist am Abend Müde und abgekämpft. Die hervorragende Bewirtschaftung in unserer Unterkunft um Sospel und der Ausblick auf den letzten Etappentag bringt neue Energie.
Roubion.
Nur zu Fotozwecken fahren wir hier. Den weiteren Weg durch das malerische Dorf schieben wir die Bikes aus Respekt gegenüber den Bewohnern.
454 Höhenmeter bergauf, 1.692 Tiefenmeter bergab und dabei nur etwa 500 m auf Forstwegen. Der Rest - ein Singletrack-Traum für komplette MountainbikerInnen.
Lantosque. 32° Celsius.
Der letzte Tag beginnt mit einer feinen Abfahrt nach Sospel. Von dort ist bis zum Meer nur noch ein Bergrücken zu überwinden. Die Ankunft in Menton ist jedes mal ein berührender Moment. Abgekämpft aber überglücklich blickt man zurück auf Geleistetes. Das Bad im weichen Wasser, das Flanieren in der Stadt und auch die abermals lange Rückreise geben Gelegenheit noch einmal in sich zu gehen und Die Etappen Revue passieren zu lassen. Kaum einer erinnert sich noch an alle Abschnitte. Woran liegt's?
Die Trans-Provence im Rennformat wird jährlich einmal angeboten. Viermal jährlich bieten wir Gelegenheit die Strecke kennen zu lernen. Die Herbsttermine und eine weitere Beschreibung des Ablaufs der Reise finden Sie hier. Bei Fragen zum Thema kontaktieren Sie uns bitte direkt.
Text und Bilder: Matthias Knaus